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13. April 2008 7 13 /04 /April /2008 23:28
Das könnte jetzt ein wenig arrogant rüber kommen, gebe ich ja zu, aber ich muss es einfach mal loswerden.

Ich bin ja als Anwalt tätig, wie man aus meinem Profil entnehmen kann.

Es gibt fast nichts Schlimmeres als beratungsresistente Mandantschaft. Das sind solche Leute, die Probleme/Schwierigkeiten mit anderen Leuten zu Rechtsproblemen hochschaukeln und meinen, gegen eben diese anderen Leute zwingend mit anwaltlicher Hilfe vorgehen zu müssen, auch wenn es noch so unvernünftig ist.

Das sind meist Fälle aus dem Nachbarschaftsrecht, aus dem Mietrecht, aus dem Familienrecht - oder sie  ergeben sich eben aus einem sonstigen üblicherweise "menschelnden" Umfeld. Der Anwalt, der sich mit diesen Leuten auseinander setzen muss, nimmt in einem solchen pathologischen Konflikt die Rolle des "großen Bruders"/"dicken Cousins" ein, der all die anderen bösen Jungs verkloppen soll, mit denen der Mandant so "Ärger hat". Der Mandant freut sich dann, es den anderen "mal so richtig gezeigt" zu haben. Der Streit wird geführt, um ihn zu führen, weil es um das Prinzip geht und weil man sich nichts gefallen lässt. Vernunft oder Einsicht? Fehlanzeige!

Man nennt  solche Mandantschaft auch Querulant oder Prozesshansel. Manche sind einfach zu dumm, um zu kapieren, dass sie sich ständig in was verrennen. Das ist unangenehm für die erwählten "Opfer" der Querulanten und Prozesshansel, aber vielleicht sogar menschlich, wer weiß?

Übrigens: Hoffnungslose Fälle sind die Prozesshansel, die durch eine Vielzahl überflüssiger Rechtsstreitigkeiten auffallen. Die Quantität ist aber kein zwingendes Moment. Es reichen schon einzelne Vorfälle, aus denen man schließen kann, dass es dabei nicht bleiben werde. Klassisch auch: Das Vorgehen gegen vermeintliche Beleidigungssituationen, das Erzwingen von Entschuldigungen, da man sonst gegen den vermeintlichen Beleidiger strafrechtlich/zivilrechtlich vorgehe. Irgendwelche Zeugen werden genannt, vielleicht hat man auch - völlig aus dem Zusammenhang gerissen - mit dem Mobildings, ausgestattet mit Kamera und Recorder, etwasmitgeschnitten, was nun triumphierend als Beweismittel vorgelegt wird... Mir rollen sich die Fußnägel hoch ob solcher Spießigkeit! Und die Polizei wird das ganze wegen Belanglosigkeit einstellen, soviel ist sicher.

Das Allerschlimmste aber sind Anwälte, die sich für so etwas tatsächlich einspannen lassen, wohl wissend, dass kein Anwalt der Welt diesen Grundkonflikt würde lösen können. Diese Anwälte verdienen nicht nur mit der Dummheit des Prozesshansels Geld, sie reißen auch die Opfer des Prozesshansels in einen aberwitzigen, völlig überflüssigen und erkennbar schikanösen, unter Umständen kostspieligen Prozess hinein.

DAS ist das eigentliche Hauptproblem.

Das andere, sich langfristig ergebende Problem ist, dass derartige "werte" Anwaltskollegen mehr und mehr dazu beitragen, dass unser Alltag, unsere oft nicht astreine Kommunikation verrechtlicht und damit alles komplizierter wird. Dann geht's los mit "Da hat er/sie ...... gesagt, woraufhin ich.... gesagt habem, und dann hat er/sie wieder...". Manche Leute hätten nie groß werden dürfen, der Sandkasten im Kindergarten wäre der passende Aufenthaltsort auf Lebenszeit.

Diese Anwaltskollegen, die so gerne von Prozesshanseln aufgesucht werden, könnten doch, um halbwegs berufsstandsgemäß aus der Sache heraus zu kommen, eine Prüfung der Sach- und Rechtslage vornehmen und mitteilen, dass ein rechtliches Vorgehen aus bestimmten Gründen nicht ratsam, ja sogar aussichtslos ist und man deshalb dazu raten muss, nichts weiter zu unternehmen. Für ein solches Gutachten darf man als Anwalt übrigens auch Gebühren verlangen. Solange es das Geld des "dummen" und beratungsresistenten Prozesshansels  betrifft, der auf anwaltliche Unterstützung bei seinem pathologischen Konflikt bittet, ist das noch in Ordnung. Nimmt der Anwalt seine beruflichen Pflichten wahr - wovon ich jetzt mal ausgehe - wird er den Prozesshansel eingehend über die finanziellen Risiken aufklären. 

Meist haben Prozesshansel aber eine Rechtsschutzversicherung. dann hilft nur die Flucht nach vorne: Das Vorhaben wird wegen Aussichtslosigkeit nicht verfolgt, das Mandat wird nicht angenommen. Gebe zu, dass ich mir das leisten kann, finanziell gesehen. Langfristig tut sich aber kein Anwalt einen Gefallen damit, Prozesshansel zu vertreten, es sei denn, man ist masochistisch veranlagt.

Ich habe in letzter Zeit die "Opfer" von Prozesshanseln verteten, weiß also, wovon ich hier schreibe. Dem Kollegen möchte man doch zu gerne mal unter vier Augen und vertraulich die Frage stellen, was er sich bei dem Unsinn denkt. Aber dann kommt - weil solche Kollegen oft "keinen Spaß" verstehen - der Gruß "mit vorzüglicher kollegialer Hochachtung" statt "mit freundlichen kollegialen Grüßen" - was so viel heißt wie "Sie können mich mal am A...."

Ihr Prozesshansel-Vertreter: Man muss solche Fritzen nicht vertreten, man kann auch dankend ablehnen. Und im Vier-Augen-Gespräch unter Kollegen ruhig mal zugeben, dass man das weiß und nun versucht, aus der üblen Nummer heraus zu kommen....

Mit Ulrich Wickert gesprochen: Dumme Prozesshansel muss man auch dumme Prozesshansel nennen können.

Ich wünsche Ihnen eine geruhsame Nacht....

M.Kupfer
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  • Ich bin als Rechtsanwalt tätig, habe Familie und stehe mitten im Leben, wie man so sagt. das bringt manch Chaos mit sich... aber zum Glück auch Zeit für diese Themen: Gesellschaft, Politik, Independent- und Rock,Geschichte, Kultur, Sport, "grüne"
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